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Vicki Baum

  

Vor Rehen wird gewarnt

 

- gelesen von Elisabeth Wicki-Endriss -

 

 

 

„Ich kriege immer, was ich will“. Das ist das Credo der zierlichen, hübschen Ann Ambros – die Maxime ihres Lebens. Offenbar schwach, hilflos und unschuldig hat die ältere Dame bis jetzt auch immer alles erreicht – koste es was, es wolle. Mit zuckersüßer Herrschsucht und grenzenlosem Narzissmus walzt sie alles nieder, was ihr bei der Erfüllung ihrer Wünsche und Begierden im Weg ist. Leben und Bedürfnisse anderer interessieren sie nicht die Bohne.  Doch diesmal scheint ihr Kalkül nicht aufzugehen. Denn von ihrer Stieftochter auf der Fahrt von San Francisco nach Boston aus einem rasenden Zug geworfen zu werden – damit konnte selbst eine gewiefte Person wie Ann Ambros nicht rechnen.

 

„Vor Rehen wird gewarnt“ ist ein relativ unbekannter Roman von Vicki Baum, aber sicher ihr Bester. In einer kunstvoll verwobenen Geschichte erzählt die Schriftstellerin in vielen Rückblenden vom Leben der  völlig neurotischen Ann Ambros, höhere Tochter einer reichen Kaufmannsfamilie aus San Francisco zum Ende des 19. Jahrhunderts. Nach außen ganz das zarte Reh ist sie in Wirklichkeit  knallhart, eiskalt, berechnend,  manipulativ und zerfressen von der Gier nach Ansehen und Bedeutung.  Ihr Leben ist eine einzige  Selbstinszenierung. Um ihren Willen durchzusetzen, vernichtet sie gnadenlos alles, was nicht in ihre selbst erschaffene Welt passt. Sie zerstört das Leben ihrer Schwester und ihrer Nichte, und sie benutzt und ruiniert Männer, die dumm genug sind, auf ihre Schönheit und vorgebliche Hilflosigkeit hereinzufallen. Das sichere Gespür für ihren Vorteil geht ihr selbst in einer Naturkatastrophe nicht verloren. Das Erdbeben von San Francisco im Jahre 1906 und die anschließende Feuersbrunst werden für sie zur idealen Kulisse bei der Inszenierung eines perfiden Plans. Wie weit die Skrupellosigkeit von Ann Ambros geht, lässt Vicki Baum ihre Figur in inneren Monologen offenbaren. Ein wunderbarer Kunstgriff, um Schein und Sein zu verdeutlichen.

 

Vicki Baum gehört zweifellos zu  den großen Erzählerinnen des 20. Jahrhunderts.  Der 1929 erschiene Roman „Menschen im Hotel“ machte die jüdische Schriftstellerin berühmt. Vor der Kulisse eines Hotels entfaltet sie ein Kaleidoskop der Gesellschaft der 20er Jahre. Schon hier erweist sich ihre meisterliche Begabung in der Beschreibung der unterschiedlichsten Charaktere und ihrer Beweggründe. Er ist nahezu das Psychogramm einer Epoche. Der 1951 erschienene Roman „Vor Rehen wird gewarnt“ steht dem in nichts nach – ganz im Gegenteil.  Er ist eine großartige Wiederentdeckung. 

 

 

Die Interpretation von Elisabeth Vicki-Endriss zieht den Hörer vom ersten Moment in  den Bann. Der teilweise leichte Plauderton lässt das ungeheuerliche Geschehen noch abstruser erscheinen und gleichzeitig kann der Hörer jede Nuance der virtuosen Sprache genießen. Alles in Allem – großartig! 

 

 

Die gekürzte  Lesung ist bei  „Der Audio Verlag“ erschienen.

2 mp3-CDs

Laufzeit: 15h 16min

Preis: 15.€ 

 

 

 

Das gebundene  Buch ist im „Arche Literatur Verlag“ erschienen 

412 Seiten

Preis: 24 €

 

 

Eine Rezension von Liliane Mika

www. mika-media.net